Der Anruf von zu Hause
Austin Cahill stand auf der Brücke der Bohrplattform Poseidon 7 und sah zu, wie der Golf die Sonne verschlang. Fünf Jahre vor der Küste hatten Salz und Diesel so vertraut gemacht wie die Luft selbst. Mit fünfunddreißig war er bekannt für seine Ruhe unter Druck – bis zu dem Tag, an dem sein Sohn ihn anrief.
Das Gesicht von Liam erschien auf dem Satellitenbildschirm, klein und angespannt.
„Hallo, Dad.“
„Was ist los, Champ?“
„Nichts… Mom sagt, ich soll gehen.“ Der Anruf brach ab.
Ein Schauer lief Austin über den Rücken. Als seine Nachbarin Vivian ihm schrieb „Ruf mich an, es ist wichtig“, machte sich die Angst breit.
„Da ist ein Mann in der Nähe deines Hauses“, sagte sie. „Ende zwanzig, schwarzer Charger. Dein Junge sieht verängstigt aus.“
Zwei Tage später kam ein Video von Vivian: Liam im Garten, und der Mann – Johnny – packte den Jungen und schlug ihn. Austins Frau Darlene lachte im Hintergrund.
„Vielleicht lernst du so, zuzuhören.“
Austins Stimme blieb ruhig, als er zu Hause anrief.
„Gib ihn mir“, sagte er.
Als Johnny ins Telefon grinste, antwortete Austin:
„Du hast sechs Stunden. Ich würde anfangen zu rennen.“
In jener Nacht verließ er die Plattform unter dem Vorwand einer Notfall-Evakuierung und rief zwei alte Kameraden aus den Marines an – Colin und Mitchell –, um sich in Houston zu treffen. Im Morgengrauen waren sie vor seinem Haus.

Johnny lag betrunken auf dem Sofa; Darlene trug sein Hemd.
Liam, verletzt, aber am Leben, rannte in Austins Arme.
„Du bist gekommen!“
„Ich werde immer kommen.“
Als Liam in Sicherheit bei Colin war, stellte Austin Johnny zur Rede. Ruhig sagte er ihm, er solle reden. Neunzig Minuten später hatte Johnny gestanden – dass er Liam geschlagen, Geld gestohlen und Informationen über die Bohrplattformen an einen Mann mit dunkleren Absichten verkauft hatte. Mitchell nahm jedes Wort auf.
Kurz darauf traf die Polizei ein. Während Johnny in Handschellen abgeführt wurde, trat Austin näher.
„Du wirst es bereuen, meine Familie berührt zu haben.“
Die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten:
Johnny wurde zu fünfundzwanzig Jahren Haft verurteilt;
Darlene kam in eine Reha und nahm an Elternprogrammen teil;
Austin erhielt das alleinige Sorgerecht.
Sechs Monate später lachte Liam wieder, spielte Ball im Garten.
Als der Junge ihn von hinten umarmte, lächelte Austin.
„Du musst mir niemals danken, Kumpel. Dich zu beschützen – das ist einfach das, was Väter tun.“
Und irgendwo tief in seinem Inneren fühlte sich der Soldat, der Austin einmal gewesen war, endlich im Frieden.