Die Nachmittagssonne brannte auf Meadow Creek, und die staubigen Straßen klebten überall. Ich hockte hinter unserem kleinen gemieteten Haus und sammelte Zweige fürs Feuer. Meine Hände waren rau von jahrelanger unaufhörlicher Arbeit. Leo, mein zehnjähriger Sohn, stand im Türrahmen, seine kleine Gestalt zeichnete sich gegen die Dunkelheit des Hauses ab.
„Warum habe ich keinen Papa wie die anderen Kinder?“ fragte er. Seine Frage fiel wie ein Stein ins stille Wasser.
Ich versuchte, das Thema zu wechseln. „Komm, hilf mir mit diesen Ästen.“
Er hockte sich neben mich und hob ein paar Zweige auf. „Heute ist Michaels Vater in die Schule gekommen. Und Sarahs Vater hat ihr eine neue Schultasche gekauft. Und meiner?“
Zehn Jahre. Ein Jahrzehnt, seit Ethan verschwunden war und mich allein den Tuscheleien, dem Spott und der Scham überließ. Ich wiederholte Leo, was ich ihm schon tausend Mal gesagt hatte: „Dein Vater hat dich geliebt… aber er musste gehen.“
Ethan. Ich hatte ihn auf dem Markt getroffen, er war aus New York zu Besuch. Er wirkte unglaublich selbstsicher – alles, was ich nicht war. Drei Monate lang waren wir unzertrennlich. Als ich ihm sagte, dass ich schwanger sei, versprach er, in ein paar Tagen zurückzukommen. Aber der Bus nahm ihn mit – und er kam nie zurück.

Das Dorf bemerkte es. Das Tuscheln wurde offener Spott. Die Kinder machten sich über Leo und mich lustig. Ich hielt durch, arbeitete, wo ich konnte, und schützte meinen Sohn so gut ich konnte. Leo wurde an einem regnerischen Dienstag geboren; die Hebamme warnte mich, dass er keinen Vater haben würde, der sich um ihn kümmert. Ich versprach ihm: „Wir werden nicht verhungern. Das wird nicht passieren.“
Die Jahre vergingen. Meine Eltern starben. Ich arbeitete überall, wo ich konnte, mit schmerzenden Händen, und zog Leo in einer Welt auf, die uns hasste. Nachts betrachtete ich das Foto von Ethan, fragte mich, wo er war und warum er verschwunden war.
Am Tag von Leos zehntem Geburtstag hielten drei schwarze Luxusautos vor unserem Haus. Ein alter Mann stieg aus, Tränen vermischt mit Regen. „Hannah… und mein Enkel…“, sagte er.
Es war William Sterling, Ethans Vater. Ethan hatte uns nicht verlassen – er war bei einem Unfall gestorben, als er sich beeilte, zu mir und unserem Sohn zurückzukehren. Zehn Jahre voller Fragen, Scham und Einsamkeit fanden endlich eine Erklärung.
Wir zogen nach New York. Leo, nun einziger Erbe von Ethans Vermögen, blühte auf. Die Stiftung in Ethans Namen unterstützte alleinerziehende Mütter, und unser Dorf begann sich langsam zu verändern.
Am Grab von Ethan flüsterte Leo: „Ich hoffe, ich werde wie du – freundlich und gut.“
Zum ersten Mal seit zehn Jahren schlief ich ohne die Last der Scham. Der Sturm war vorbei. Endlich waren wir im Licht.